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Qualitative vs. quantitative Methoden zur Hypothesenerstellung

Sarah Koch
Sarah Koch Aktualisiert am 19. Mai 2021
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Warum nicht beides?

Im Blogbeitrag “Conversion Steigerung? Unsere 6 Tipps“ habe ich bereits erläutert, warum es wichtig ist, qualitative und quantitative Methoden miteinander zu kombinieren, um Nutzer- und Businessziele in Einklang zu bringen. Laut KonversionsKRAFT interessieren sich 99 % der Unternehmen ausschliesslich für die Zahlen, die ihre Website generieren (Traffic, Absprungrate, etc.) und vergessen dabei die Bedürfnisse der Kunden zu erörtern. Beispielsweise: Welche Mausbewegungen führt der Nutzer durch, bis er zu seinem Ziel gelangt? Was sind die Ziele und Werte meiner Kunden? Es gilt nicht nur die Frage nach dem “Wie viel”, sondern auch das “Warum” zu beantworten.

Mithilfe einer Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden zur Hypothesenerstellung können Sie sich ein ganzheitliches Bild der (potenziellen) Kunden verschaffen und haben dadurch eine höhere Chance, dass der Kunde das gewünschte Ziel, wie zum Beispiel einen Kaufabschluss, ausführt. Mit welchen explorativen Methoden wir uns bei MASSIVE ART beschäftigen, werde ich in diesem Blogbeitrag näher beschreiben.

Quantitative Analysen

Web Analytics
Diese Methodik wird heutzutage von den meisten Unternehmen genutzt. Bei der Webanalyse werden Daten ausgewertet, die bei einem Webseitenbesuch generiert werden. Ziel ist es, anhand von Kennzahlen das Nutzerverhalten zu analysieren, um etwaige Optimierungspotenziale zu erkennen. Beispiele von Kennzahlen sind unter anderem Traffic, Absprungrate, Verweildauer auf der Seite etc.

Mouse- / Click-Tracking
Diese Methodik wird weniger oft angewendet, da angenommen wird, dass die Webanalyse bereits die volle Einsicht in das Nutzerverhalten bietet. Was die Webanalyse allerdings nicht liefert, ist ein Einblick darin, wie sich der User genau auf der Seite bewegt. Mithilfe von Mouse- bzw. Click-Tracking bekommt man eine visuelle Einsicht, wie der User auf der Seite navigiert. Der Vorteil dieser Methode liegt in der einfachen Integration sowie den schnellen Ergebnissen. Mithilfe von Tools wie Hotjar oder VWO können Heatmaps einfach erstellt werden, um Besucher zu tracken und so zu sehen wie sie sich auf der Seite verhalten.

Qualitative Analysen

Recordings
Neben dem Click-Tracking kann Hotjar auch zum Recording genutzt werden. Denn mithilfe von Recordings erhält man via Video einen Einblick in das Seitenverhalten des Nutzers – also wie dieser auf der Website navigiert. Anhand dessen können eventuelle Schwachstellen (z.B. in der Navigation) festgestellt und behoben werden.

Fokusgruppen
Eine Fokusgruppe besteht aus mehreren Personen, die an einer Gruppendiskussion teilnehmen. Pro Gruppe gibt es einen Moderator, der mit vorbereiteten Fragen (Beispiel: Welche Informationen sind wichtig, um eine Kaufentscheidung zu treffen?) die Probanden durch die Diskussion führt. Je nach Produkt/Service, werden passende Teilnehmer gesucht. Mithilfe von Fokusgruppen kann mehr über die Meinungen und Sichtweisen der (potenziellen) Kunden zu dem vorgestellten/geplanten Produkt in Erfahrung gebracht werden. Der Vorteil besteht auch darin, dass im Austausch zwischen den Teilnehmern mehr Ideen generiert werden. Diese Methodik ist vor allem für die frühe Konzeptphase geeignet, um zu erkennen, ob die Erwartungen des Kunden dem entsprechen, was tatsächlich geplant ist.

Tiefeninterviews
Wie der Name andeutet, werden bei dieser Methodik Personen mit Kundenkontakt interviewt. Ein Beispiel dafür sind Consultants: Durch den intensiven Kundenkontakt haben sie ein gutes Gespür für die Bedürfnisse potenzieller Kunden. Optimal ist es natürlich, wenn Kunden direkt interviewt werden können. Allerdings sind Personen mit Kundenkontakt (z.B. Vertrieb oder Kundenservice) eine gute Alternative. Auf Basis der gewonnenen Insights werden typische (fiktive) Nutzer definiert und deren Werte, Motivationen und Verhaltensweisen zusammengefasst. Diese Personas sind speziell für die Hypothesenerstellung zur Personalisierung von Webinhalten geeignet. Mit diesen gesammelten Informationen kann ein System (Bsp: Website) massgeschneidert auf die Nutzer angepasst werden.

personas

Usability Tests
Zur wichtigsten Analysemethode gehören Usability Tests. Hierbei wird den Probanden eine Aufgabenstellung (z.B. tätigen Sie einen Einkauf) vorgestellt. Die Auswahl der Probanden erfolgt auf Basis erstellter Personas sowie vorhandener Kunden. Während der Aufgabe wird der User von einem Protokoller beobachtet – dieser macht Notizen, um eventuelle Schwachstellen im Ablauf aufzudecken. Das Ganze erfolgt via Einzelinterviews und ist speziell für Beta-Websites oder Relaunches geeignet. Ein Tipp zum Schluss: Führen Sie den Usability Test mit fünf Personen durch, so finden Sie in der Regel bis zu 85 % der Probleme. Wohingegen sich bei mehr Personen die Probleme nur wiederholen und dadurch keine zusätzlichen Insights generiert werden.

Customer Journey Analyse
Hier werden die einzelnen Phasen, die ein User in seiner gesamten Buying Journey durchgeht – bevor ein Produkt/Service gekauft wird – analysiert. Dies wird mithilfe von Marketing Mitarbeitern bzw. Service Mitarbeitern durchgeführt. Dadurch kann die Website/App/Werbung optimal angepasst werden und ermöglich so die passende Massnahme (Awarness Werbung, Remarketing, etc.) anzubieten – unabhängig davon, in welchem Abschnitt sich der User befindet. Von der Awareness bis zum Kauf werden Personas als Basis herangezogen, um mithilfe dieser die Abbruchgründe während der Journey zu ermitteln. Diese Methodik ist speziell zur Findung von Hypothesen geeignet. Der Vorteil: Eine ganzheitliche Optimierung entlang der Journey, und zwar ohne, dass ein Schritt ausgelassen wird.

Growth Qualitative vs Quantitative Methoden

Usecase

Um das Ganze zu veranschaulichen, möchte ich ein kurzes Beispiel anführen, bei dem ersichtlich wird, wieso eine Webanalyse alleine nicht ausreicht.

Ausgangslage: Wir haben eine eigene Website und möchten die Warenkorb-Seite überprüfen. Mithilfe der Webanalyse erkennen wir, dass nur 2 % der Nutzer vom Warenkorb zum eigentlichen Kaufabschluss gelangen. Warum dies so ist, kann mithilfe der Webanalyse allein nicht abgeleitet werden.

Wenn wir allerdings zusätzlich zur Webanalyse einen Usability Test – Mouse/Click Tracking und Session Recordings – nutzen, stellen wir fest, dass Nutzer im Warenkorb immer wieder nach oben und unten scrollen. Ausserdem erkennen wir, dass User auf den “Rückgabeklausel-Button” klicken, welcher auf eine neue Seite weiterleitet. Dadurch entsteht eine Unterbrechung in der Customer Journey.

Aufgrund dieser Insights wird eine Hypothese aufgestellt, die wie folgt lautet:

Nutzerproblem: “Ich will etwas kaufen und befinde mich im Warenkorb, finde jedoch keine Informationen über das Rückgaberecht und will deshalb nicht fortfahren.”

Hypothese: “Wenn die Informationen zum Rückgaberecht bereits im Warenkorb dargestellt werden, wird der Kauf eher abgeschlossen, da keine Unterbrechung in der Customer Journey entsteht und so keine Ablenkung erfolgt.

Welche Methoden wann und in welcher Kombination angewendet werden, wird projektspezifisch von unseren Fach-Consultants ermittelt. Die Conversion-Spezialisten bei MASSIVE ART helfen Ihnen dabei ein ganzheitliches Nutzerbild zu visualisieren, um eine bessere Einsicht in die Denkweise Ihrer Kunden zu erhalten. Auf Basis dessen können wir Hypothesen aufstellen und diese testen, um zu ermitteln, was funktioniert und was optimiert werden muss.

Sarah Koch
Sarah Koch
Consultant
Sarah ist Growth Consultant bei MASSIVE ART und akquiriert und initialisiert neue Projekte. Sie berät zu Themen rund um Growth und Innovation. Sie könnte Ihnen aber auch die Regeln von US-Hockey erklären. Sarah ist Fan der Chicago Blackhawks, seit sie für fünf Jahre in den USA lebte.